Interwiev:"Schulischer Erfolg ist die beste Vorbeugung gegen Gewalt"

Veröffentlicht am 11.05.2007 in Jugend

Laut Statistik des Innenministeriums hat die Jugendkriminalität zugenommen. Dies entspricht nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers Klaus Hurrelmann von der Uni Bielefeld der Wirklichkeit.

Frankfurter Rundschau: Sind unsere Jugendlichen brutaler geworden?

Klaus Hurrelmann: Ja, ein Teil der Jugendlichen ist brutaler geworden. Gewalttätigkeiten haben vor allem bei Jugendlichen mit niedrigem Bildungshintergrund und mit einem ungünstigen Familienhintergrund in den letzten Jahren klar zugenommen.
Klaus Hurrel (dpa)
Hat die Jugendkriminalität tatsächlich zugenommen?

Es hat ein genaueres Hinsehen und zugleich eine Steigerung der Empfindlichkeitsschwelle stattgefunden. Es werden auch kleinere Schlägereien, etwa auf dem Schulhof, angezeigt. Deshalb darf man die polizeiliche Kriminalstatistik immer nur als einen Anhaltspunkt nehmen. Man muss diese Daten etwa durch Befragungen von Jugendlichen selbst kontrastieren, um herauszufinden, was tatsächlich passiert ist. Aber in diesem spezifischen Fall decken sich die Angaben.

Um welche Art von Jugendgewalt handelt es sich?

Die Qualität der Auseinandersetzungen hat sich verändert. Das Opfer wird auch dann noch geschlagen, wenn es eigentlich schon besiegt ist. Es sind keine Hemmschwellen mehr da. Dem Opfer werden teils schwere Verletzungen zugefügt. Bei einer kleinen Gruppe von Jugendlichen, ist eine Verrohung und Brutalisierung zu verzeichnen. Darauf müssen wir unser Augenmerk richten.

Kann man dabei zwischen Jungen oder Mädchen differenzieren?

Bei der körperlichen Gewalt liegt der Schwerpunkt bei den männlichen Jugendlichen. Die Frauen sind stärker, wenn es um verbale Gewalt geht, also alles, was wir als Mobbing bezeichnen. Die Geschlechter suchen unterschiedliche Wege, um aus ihrer Unzufriedenheit mit sich selbst und ihrer Position in der Gesellschaft herauszukommen und zu demonstrieren, dass sie das nicht akzeptieren.

Nahm die Gewalt an Schulen zu?

Ja. Wir haben auch hier über die Jahrzehnte ein langsames Ansteigen. Aber gebündelt in bestimmten Schulformen und in bestimmten Regionen.

Welche sind das?

Das sind die Brennpunkt-Schulen in Regionen mit sozial und ökonomisch schlecht situierten Familien und Schulformen wie Sonderschulen für Lernbehinderte, für Erziehungsschwierige, viele Hauptschulen in Brennpunktgebieten.

Wo sehen Sie die Ursachen?

Die liegen beim einzelnen Täter darin, dass sie keine Entfaltungsmöglichkeiten, keine Anerkennung finden, die legitim sind. Sie sind meist in der Schule schlecht, haben meist eine ungünstige berufliche Perspektive, sie sind meist Männer. Mit dieser Ungewissheit und Verunsicherung und Zurücksetzung, die sie an dem traditionellen Männerbild messen, kommen sie nicht zurecht.

Ist Jugendgewalt ein vorübergehendes Phänomen oder der Einstieg in eine kriminelle Karriere?

Es kann sehr schnell der Einstieg in eine kriminelle Laufbahn sein, wenn derjenige den Weg aus dieser Form der Suche nach Aufmerksamkeit nicht wieder herausfindet.

Wie kann man der Jugendkriminalität vorbeugen?

So einfach es klingt, so ist es doch am Ende sehr schwierig. Die beste Prävention ist, den Jugendlichen ein Erfolgserlebnis im schulischen Bereich zu sichern. Ihnen dort Erlebnisse der Anerkennung und Aufmerksamkeit auf dem legitimen Weg zu ermöglichen. Das bedeutet beste Gewaltprävention ist Leistungsförderung.

Interview: Antje Schüddemage

 

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